Biofeedback bei Schmerzen: Migräne, Rückenschmerz uvm.

biofeedback bei Schmerzen

Chronischer Schmerz tritt häufig in belastenden Situationen auf, z.B. bei einem Streit mit dem Partner oder einem Jobverlust. Obwohl es mittlerweile gemeinhin bekannt ist, dass Schmerzen auch psycho-soziale Gründe haben können, stoßen Anwender hier oft auf Ablehnung. Die Probanden fühlen sich oft vor den Kopf gestoßen und antworten mit: “das bilde ich mir doch nicht nur ein!”.

Natürlich sind diese Schmerzen auch real, die Ursache kann allerdings natürlich sehr wohl von psychischen Grundlagen herrühren.

Wie kommen chronische Schmerzen zustande und wie kan Biofeedback bei Schmerzen helfen?

Wenn eine Belastung lange andauert, schrillen im Körper die Alarmglocken. Die Muskeln spannen sich an, die Beweglichkeit schränkt sich ein und wir werden schneller müde. Alle diese Symptome nehmen die Probanden natürlich wahr. Der Schmerz und die Einschränkung, welche damit einhergeht führt zu negativen Gefühlen wie Angst oder Wut. Schnell sind wir in einem sich immer wieder selbst verstärkenden Teufelskreis. Da die Empfindlichkeit der Schmerzrezeptoren steigt, nehmen wir Schmerz auch viel schneller wahr.

Nun sind wir in der Phase der Chronifizierung, welche sich oft auch auf das soziale und berufliche Umfeld aus. Rückzug kann den Teufelskreis noch weiter verstärken.

Wie können wir aus diesem Teufelskreis ausbrechen?

Eine der Möglichkeiten, welche sich hier bietet ist Biofeedback. Wie wir aus unserem Grundlagenartikel wissen werden hierbei körperliche Vorgänge geerfassen und rückgemeldet. Der Proband kann so z.B. die Spannung der Muskulatur wahrnehmen und erlernen, wie diese entspannt werden können. Langfristig kann diese Fähigkeit dann auch ohne Biofeedbackgerät angewandt werden. Der große Vorteil des Biofeedback Verfahrens ist jedoch der nachhaltige Erfolg und die Nebenwirkungsfreiheit.

In welchen Bereichen können wir Biofeedback bei Schmerzen nun anwenden?

Biofeedback bei Spannungskopfschmerz

Biofeedback an der StirnmuskulaturBeim Spannungskopfschmerz handelt es sich um einen dumpf-drückenden Schmerz, welcher meist den ganzen Kopf betrifft. Die Ursachen sind vielfältig. Ein wesentlicher Faktor bei vielen Betroffenen ist allerdings eine erhöhte Muskelspannung in Nacken- Kopf- und Schultermuskulatur. Besonders in stark belastenden Situationen tritt dieser auf. Auch Fehlhaltungen oder einseitige Beanspruchung können diese Verspannungen auslösen.
Ein weiterer Auslösefaktor können soziale Faktoren sein.

Beim Biofeedback-Training im Rahmen des Kopfschmerzes wird das Oberflächen-EMG aus dem Bereich des Trapezius und Frontalis abgeleitet. Auch Atemtraining wird genutzt. Ziele sind:

  • Entspannung induzieren
  • Schmerzen lindern
  • Ausbau der Körperwahrnehmung
  • Beibehaltung der Entspannung auch in belastenden Situationen

Die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft empfiehlt Biofeedback in der Behandlung von Kopfschmerzen. Es zeigen sich Behandlungserfolge welche gleichwertig mit Kopfschmerzmedikamenten sind. Ein großer Vorteil ist, dass der Proband beim Biofeedback aktiv an der Bewältigung der Krankheit beteiligt ist. Dies steigert die Selbstwirksamkeit der Probanden.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Biofeedback beim Spannungskopfschmerz hohe Behandlungserfolge erzielt, welche sich über die Monate stabil halten.

Biofeedback bei Migräne

Auch in der Behandlung der Migräne wird Biofeedback erfolgreich genutzt. Die Methode wird sogar in den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie erwähnt. Es gibt ganz prinzipiell 2 Möglichkeiten mit denen hier vorgegangen wird.

Einerseits wird Temperaturbiofeedback genutzt, um Migräneprophylaxe zu betreiben. Dies geht mit einer Erweiterung der peripheren Blutgefäße einher.

Anbringen des Vasosensors beim MigränetrainingAndererseits wird das sogenannte Vasokonstriktionstraining genutzt, um die Probanden in die Lage zu versetzten ihre Schläfenarterie willkürlich zu erweitern oder verengen. Die plötzliche Erweiterung dieser Arterie nach vorheriger starker Verengung steht scheinbar mit der Migräneattacke in Zusammenhang).

Im Bericht Akuttherapie und Prophylaxe der Migräne der Deutschen Gesellschaft für Neurologie wird über Meta-Analysen berichtet, welche zeigen, dass Entspannungsverfahren und verschiedene Biofeedback-Verfahren im Mittel eine Reduktion der Migränehäufigkeit von 35% bis 45% erreichen. Die Kombination von Biofeedback und Progressiver Muskelentspannung kann die Effekte hier noch verstärken.

Biofeedback bei chronischem Rückenschmerz

Ähnlich wie beim Spannungskopfschmerz wird bei der Training des Rückenschmerzes viel mit EMG-Biofeedback gearbeitet. Ziel ist es zu erlernen die verspannte Muskulatur zu entspannen. Die Anwendung gilt als empirisch gesichertes Verfahren. Im Schnitt wird von ca. 10 notwendigen Sitzungen berichtet.

HRV-Biofeedback und Schmerz

Auch HRV-Biofeedback kann genutzt werden um chronischem Schmerz entgegenzutreten. Eine Studie untersuchte hier z.B. ob sich ein solches Training als Schmerz- und Stressmanagement für Veteranen eignet. Nach 4 Wochen zeigte die Biofeedbackgruppe ein Der große Vorteil des Biofeedback Verfahrens ist jedoch der nachhaltige Erfolg und die Nebenwirkungsfreiheit.

Trauma und Schmerz

Auch im Rahmen von Schmerzen infolge von Traumata ist Biofeedback nützlich. Hierzu gibt es sogar ein Buch “Trauma und Schmerz” aus dem Schattauer Verlag. Aus dem Buch zitiert: “Die Autorinnen allesamt erfahrene Expertinnen für posttraumatische Störungen stellen einen fundierten, zehn Trainingsitzungen umfassenden Behandlungsansatz vor: Die Probanden werden über den Zusammenhang von Schmerzen und posttraumatischen Symptomen aufgeklärt. Mittels körperlicher Übungen und Biofeedback lernen sie, die Wahrnehmung zu schulen und physiologische Prozesse gezielt zu beeinflussen. Konkrete Hilfestellungen zur Bewältigung stressreicher Alltagssituationen runden das Manual ab und vermitteln einen zusätzlichen präventiven Ansatz.”

Fazit

Wie wir sehen konnten ist Biofeedback bei Schmerzen eine wirksame Methode bei vielen Schmerzarten. Ein ganz zentraler Aspekt der Behandlung findest sich in der Rolle der Selbstwirksamkeit. Anders als bei medikamentösen oder generell externen Behandlungen, ist es beim Biofeedback der Proband selbst, welcher die aktive Rolle übernimmt. Er ist damit seinen Schmerzen nicht mehr hilflos ausgeliefert, sondern kann ihnen aktiv entgegentreten. Allein das ist für viele Probanden schon sehr viel wert.

Quellen:

  • Berry, M. E., Chapple, I. T., Ginsberg, J. P., Gleichauf, K. J., Meyer, J. A., & Nagpal, M. L. (2014). Non-pharmacological intervention for chronic pain in veterans: a pilot study of heart rate variability biofeedback. Global Advances in Health and Medicine, 3(2), 28-33.
  • Andrasik, F. (2010). Biofeedback in headache: An overview of approches and evidence. Cleveland Clinic Journal of Medicine, 77, 72-76. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/20622082
  • Evers et al. (2008).
    Leitlinie der Deutschen Migräne-und Kopfschmerzgesellschaft und der Deutschen Gesellschaft für Neurologie. Nervenheilkunde, 27, 933-949.
  • Martin, A., & Rief, W. (2009). Wie wirksam ist Biofeedback? Eine therapeutische Methode. Bern: Huber.
  • G. Tan, F. Shaffer, R. Lyle, & I. Teo (Eds.). Evidence-based practice in biofeedback and neurofeedback (3rd ed.). Wheat Ridge, CO: Association for Applied Psychophysiology and Biofeedback.
15. Januar 2020
Schmerzen | Allgemein | HRV

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